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Geschichte

Die Aborigines, Australiens Ureinwohner, kamen vor 60 000 bis 40 000 Jahren nach Australien. Vor etwa 30 000 Jahren hatten sie den größten Teil des Kontinents besiedelt, darunter auch die südwestlichen und südöstlichen Randgebiete. Tasmanien war zu dieser Zeit noch ein Teil des australischen Festlandes und wurde erst später durch den nacheiszeitlichen Meeresspiegelanstieg von Australien abgetrennt. Infolge der erfolgreichen Anpassung an eine Vielfalt unterschiedlicher Lebensbedingungen hatte sich die australische Urbevölkerung bis zur Zeit der Ankunft der ersten weißen Siedler auf zwischen 300 000 und eine Million Menschen vermehrt. Es wird angenommen, dass Arnhemland lange vor dem 17. Jahrhundert von makassischen Händlern aus dem heutigen Indonesien aufgesucht wurde. Außerdem gab es Kontakte mit Neuguinea, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass nach dem 15. Jahrhundert chinesische, malaiische und arabische Schiffe an der Nordküste Australiens vor Anker gingen. Australien blieb jedoch bis zum 17. Jahrhundert von westlichen Forschungsunternehmungen unberührt.

Frühe Entdeckungsgeschichte

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Obwohl Australien der westlichen Welt nicht bekannt war, spielte es doch in der spätmittelalterlichen Logik und Mythologie eine bedeutende Rolle, denn man nahm zu dieser Zeit an, dass ein großes so genanntes Südland, das von den Geographen auch als Terra Australis Incognita bezeichnet wurde, zur Ausbalancierung der nördlichen Landmassen in Europa und Asien notwendig sei. Die Terra Australis erschien auf den frühen europäischen Weltkarten häufig als große, kugelförmige Masse, die zufällig ungefähr die der Realität entsprechende geographische Lage einnahm, obwohl von den Europäern erst sehr viel später echte Entdeckungen dokumentiert wurden.

Portugiesische und spanische Entdeckungsreisen

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Infolge der systematischen Erforschung der afrikanischen Westküste in südlicher Richtung, die von den Portugiesen im 15. Jahrhundert auf der Suche nach einer Handelsroute nach Indien vorgenommen wurde, entfachte sich das Interesse der Europäer an der Entdeckung der legendären Terra Australis erneut. Portugal, das schon bald den Handel mit Indien und Ostafrika dominierte, verlor jedoch das Interesse daran, weiter in östlicher und südlicher Richtung vorzustoßen. Aber auch aus anderen Gründen blieb Australien in der darauf folgenden Zeit weiterhin unentdeckt. Zunächst einmal befand es sich abseits des ozeanischen Handelskorridors im Indischen Ozean und im Südpazifik. Zusätzlich dazu driften die Windsysteme der südlichen Hemisphäre hier in nördlicher Richtung zum westlich von Australien liegenden Bereich des Äquators ab, während die starken Gegenwinde östlich des australischen Festlandes das Segeln entgegen der ausgeprägten Windsysteme erschwerten.
Im 16. und frühen 17. Jahrhundert entsandte Spanien, das zu dieser Zeit bereits seine Vormachtstellung als Kolonialreich in Süd- und Zentralamerika gesichert hatte, einige Expeditionsschiffe von Peru in den Südpazifik. Die offiziellen Vertreter der spanisch dominierten Neuen Welt wurden durch die Entdeckung der Salomon-Inseln nordöstlich von Australien durch Álvaro de Mendaña 1567 dazu ermutigt, 1595 und 1605 Expeditionen zu entsenden, von denen sie sich erhofften, für das Spanische Reich Gold und für die römisch-katholische Kirche die Terra Australis zu entdecken. Nach dem Fehlschlag dieser Entdeckungsreisen, die weder die erhofften Edelmetalle mitbrachten noch die Entdeckung bedeutender Landmassen zur Folge hatten, verlor Spanien sein Interesse an derartigen Unternehmungen und führte keine weiteren Expeditionen mehr durch.

Niederländische Interessen

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Die wirtschaftliche Verflechtung Portugals mit Indien und die Entmutigung der Spanier von weiteren Forschungsunternehmungen ermöglichten den Niederlanden als aufstrebender Macht im 17. Jahrhundert die Errichtung einer Reihe von Handelszentren, die sich vom Kap der Guten Hoffnung bis nach Niederländisch-Indien (Indonesien) zogen. Die Niederländer, die ihre Niederlassungen vorwiegend in den indonesischen Hafenstädten Bantam und Batavia (Jakarta) hatten, ließen den europäischen Traum von der Entdeckung Australiens schon bald zur Wirklichkeit werden. Mit Hilfe besserer Segelschiffe waren sie in der Lage, die widrigen Gegebenheiten im Südpazifik erfolgreich zu überwinden. Anfang 1606 drang Willem Janszon mit seinem Segelschiff in die Torresstraße vor, die zwischen dem australischen Festland und Neuguinea verläuft, und sichtete einen Teil der australischen Nordküste an der Westseite der Kap-York-Halbinsel, den er Kap Keer-Wear taufte. Die von ihm befahrene Wasserstraße wurde später nach Luis Vaez de Torres benannt, dem letzten der spanischen Forschungsreisenden, der nur wenige Wochen später in das gleiche Gebiet segelte und schlussfolgerte, dass Neuguinea eine Insel sei, Australien jedoch mit fast hundertprozentiger Sicherheit nicht sichtete.
Niederländische Generalgouverneure in Batavia fühlten sich nach den Reisen von Janszon dazu ermutigt, weitere Expeditionen in den südlichen Ozeanen zu veranlassen. Im Oktober 1616 wurde die Eendracht unter dem Kommando von Dirk Hartóg das erste Schiff, von dem aus Europäer an der Shark Bay in Western Australia australischen Boden betraten. Zwischen 1626 und 1627 erforschte Peter Nuyts ungefähr 1 600 Kilometer der südaustralischen Küste, und andere Niederländer vervollständigten das noch bruchstückhafte Bild des neuen Kontinents durch Informationen über die Nord- und Westküste. Die bedeutendste Entdeckungsarbeit leistete jedoch Abel Janszoon Tasman, der 1642 nach der Erforschung der Meere in die Gewässer Südaustraliens segelte und die Westküste der heute als Tasmanien bekannten Insel sichtete. Tasman taufte diese Insel nach dem Gouverneur von Niederländisch-Indien, der diese Expedition initiiert hatte, auf den Namen Van Diemen's Land. Danach drang er weiter in östlicher und nördlicher Richtung vor und entdeckte Neuseeland. Tasman unternahm 1644 eine zweite Expedition zur Nordküste. Trotz der rasch voranschreitenden Erforschung des Kontinents, der von seinen ersten Entdeckern Neuholland genannt wurde, ließen die Niederlande ihren Neuentdeckungen keine formelle Inanspruchnahme im Namen des eigenen Landes folgen. Ihrem Ermessen nach boten diese Gebiete nur wenig, was für den europäischen Handel von Interesse hätte sein können. So stand der später folgenden Ankunft der Engländer nichts im Weg.

Britische Expeditionen und Besitzergreifung

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Zu Beginn schien dem Interesse der britischen Regierung an Australien das gleiche Schicksal wie bei den Spaniern und den Niederländern bestimmt zu sein. 1688 ging der englische Seeräuber William Dampier im Nordwesten an Land. Nach seiner Rückkehr nach England veröffentlichte er das Buch Voyages und überredete die Verantwortlichen der Marine, eine erneute Fahrt finanziell zu unterstützen, um nach den angeblichen Reichtümern des Landes zu forschen. Die zweite Expedition von Dampier, bei der er in den Jahren 1699 bis 1700 rund 1 600 Kilometer an der Westküste entlangsegelte, führte zu der detailliertesten Dokumentation dieses Kontinents in der damaligen Zeit, schilderte jedoch das Land und seine Bevölkerung in dermaßen trostloser Art und Weise, dass die Engländer (ab 1707 Briten) ihr Interesse an einer weiteren Erforschung Australiens für die folgenden 70 Jahre verloren.
1768 verließ Kapitän James Cook mit der Unterstützung der britischen Admiralität auf der ersten seiner insgesamt drei Entdeckungsreisen England. Die drei Jahre dauernde Expedition führte ihn u. a. auch nach Australien. 1770 entdeckte Cook die Botany Bay an der Ostküste und landete im Norden bei Possession Island, wo er am 23. August die Gegend im Namen der britischen Krone in Besitz nahm und auf den Namen New South Wales taufte. Er und seine Mannschaft, zu der auch der Botaniker Sir Joseph Banks gehörte, befürworteten später die Besiedlung Australiens. Cooks zweite und dritte Entdeckungsreise in den siebziger Jahren ergänzten die bereits vorhandene Information über Australien und festigten die britische Anspruchshaltung auf den Kontinent.
Das Interesse Frankreichs war weniger ausgeprägt als das von Großbritannien. Marion Dufresne konzentrierte sich bei seiner Fahrt 1772 auf die Anfertigung von Landkarten und die Beschreibung der unwirtlicheren Westküste Tasmaniens, und später erkundeten französische Seefahrer die Südküste von Australien. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Briten jedoch bereits die erste australische Siedlung eingerichtet und von der östlichen Hälfte des Kontinents Besitz ergriffen.
Trotz der anhaltenden Bemühungen der Briten wurden die australischen Küsten erst im 19. Jahrhundert vollständig erkundet. Matthew Flinders, ein Marineoffizier, umrundete in der Zeit von 1801 bis 1803 erstmals den gesamten Kontinent. Er erfasste einen Großteil der Küstenlinie kartographisch und konnte dadurch belegen, dass es sich bei Australien um eine einzige große Landmasse handelte. Bereits 1798 hatte Flinders zusammen mit dem Marinearzt George Bass erstmals Tasmanien umsegelt und so dessen Inselform bewiesen. Flinders Bemühungen ist es außerdem zu verdanken, dass der Kontinent nicht den Namen Neuholland beibehielt, sondern auf seinen Vorschlag hin in Anlehnung an Terra Australis ab 1817 offiziell als Australien bezeichnet wurde. Obwohl die Küsten bereits weitestgehend kartographiert worden waren, besaß man in Europa erst in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts detailliertere Informationen über die wichtigsten geographischen Strukturen im Inland.

Strafkolonien

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Das Bild Australiens in Europa war in der Regel das eines sehr abgelegenen und für die Besiedlung durch Europäer sehr unattraktiven Landes. Australien besaß jedoch für Großbritannien eine strategische und nach dem Verlust der nordamerikanischen Kolonien (1783) auch eine sozialökonomische Bedeutung. Die Herrschaft über diesen Kontinent bedeutete, dass sich hier eine Basis für die britische See- und Handelsmacht in den östlichen Meeren bot und so das immer stärker werdende Interesse Großbritanniens am Pazifik und in Ostasien ausgebaut werden konnte. Darüber hinaus konnte der große Kontinent auch zur Lösung des Problems der überfüllten britischen Gefängnisse beitragen. Nahrungsmittelknappheit, eine strenge strafrechtliche Gesetzgebung und die sozialen Umwälzungen, die durch die rasche Industrialisierung und Verstädterung des Landes herbeigeführt worden waren, hatten zu einem rapiden Anstieg der Kriminalitätsrate geführt. Die Niederlage Großbritanniens im Nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg bedeutete außerdem, dass Inhaftierte und verurteilte Straftäter aus heimischen Gefängnissen nicht länger nach Amerika überführt werden konnten.
1786 kündigte die britische Regierung ihre Absicht an, bei Botany Bay an der südöstlichen Küste von New South Wales eine Strafkolonie zu errichten. Die Regierung, wie immer darauf bedacht, den wirtschaftlichen Interessen des Landes Rechnung zu tragen und die öffentlichen Ausgaben auf ein Mindestmaß zu beschränken, plante die Strafkolonie von Botany Bay als selbst finanzierende Kolonie, die die anfallenden Unkosten durch die Arbeitskraft der Sträflinge und eine damit verbundene wirtschaftliche Entwicklung selbst tragen sollte. Kapitän Arthur Phillip von der königlich-britischen Marine wurde zum Kommandanten der diesem Entschluss folgenden Expedition ernannt. Er sollte die Inbesitznahme des gesamten australischen Kontinents inklusive Tasmaniens und der Inseln vor der Ostküste östlich des 135. Meridians im Namen der britischen Krone sicherstellen und als Gouverneur und Vertreter der britischen Monarchie absolute Verfügungsgewalt über das gesamte Territorium erhalten.

Gründung von Sydney

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Am 13. Mai 1787 segelte Phillip von Portsmouth aus mit der Ersten Flotte los. Auf den insgesamt elf Schiffen befanden sich 759 Straftäter (568 Männer und 191 Frauen), 13 Kinder der Verurteilten, 211 Marineinfanteristen und Offiziere, die für die Bewachung der Straftäter abgestellt waren, 46 Ehefrauen und Kinder von Mitgliedern der Schiffsbesatzung und die Verwaltungscrew von Phillip, die sich aus neun Personen zusammensetzte. Phillip traf am 18. Januar 1788 in Botany Bay ein. Er erachtete Botany Bay als ungünstigen Platz und segelte in nördlicher Richtung nach Port Jackson, das von Cook zwar auf den Karten eingezeichnet, aber nicht näher erkundet worden war. Phillip fand hier einen der besten natürlichen Häfen der Welt vor. Am 26. Januar, dem Datum, an dem heute der Australien-Tag gefeiert wird, wurde die erste dauerhafte europäische Siedlung im weit ins Landesinnere reichenden Teil von Port Jackson in Australien errichtet und nach dem britischen Innenminister Lord Sydney, der für die Kolonisierungspläne verantwortlich war, auf den Namen Sydney getauft. Das Hoheitsgebiet von Phillip bedeckte die Hälfte von Australien, doch standen ihm nur in begrenztem Maß menschliche Arbeitskräfte zur Verfügung. Nur durch die Ankunft der Zweiten Flotte 1790 konnte die junge Kolonie vor einem vollständigen Fehlschlag und dem raschen Untergang bewahrt werden. Die größte Sorge von Phillip blieb bis zu seiner Abreise 1792 die Aufrechterhaltung der Kontrolle über die kleine Strafkolonie, um die er immer wieder ganz allein kämpfen musste. Sein Lösungsvorschlag für diese Misere bestand in der Schaffung einer autoritären Struktur, die über die Anfangszeit der Kolonisierung hinweg Bestand hatte.
Phillip und andere Gouverneure der Anfangszeit der australischen Siedlungsgeschichte sahen sich mit drei Hauptschwierigkeiten konfrontiert, die aus der Beschaffung von ausreichenden Nahrungsmitteln, der Entwicklung eines internen Wirtschaftssystems und der Erzeugung von Exportwaren als Zahlungsmittel für die eingeführten Güter aus Großbritannien bestanden. Die sandhaltigen Böden um Sydney waren für eine landwirtschaftliche Nutzung ungeeignet, und in den neunziger Jahren des 17. Jahrhunderts herrschte dauernde Lebensmittelknappheit in der Kolonie. Phillip ließ in den fruchtbareren Uferregionen des Hawkesbury, einige wenige Kilometer nordwestlich von Sydney, Farmen errichten. Diese häufig überfluteten Landstriche wurden auch von den Aborigines genutzt. Durch diesen Konflikt wurde die Feindschaft der beiden Parteien noch weiter angeheizt, und durch die mangelnde Zusammenarbeit mit den Aborigines konnten die Siedler bis auf Kängurus und Fisch keinerlei andere einheimische Nahrungsquellen erschließen. Nahrungsmittelvorräte stammten demzufolge vor allem von der fast 1 600 Kilometer entfernten Norfolk-Insel, die Phillip im Februar 1788 für Großbritannien in Besitz genommen hatte. Die Insel diente denjenigen Sträflingen als Gefängnis, die die nach 1825 in der Kolonie herrschenden Gesetze gebrochen hatten. Nach 1856 diente die Insel den Nachfahren der Meuterer der Bounty als Heimat, die für die Pitcairn-Insel zu zahlreich geworden waren.

Das New South Wales Corps

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1792 wurden die Royal Marines durch das New South Wales Corps ersetzt, das sich aus eigens in Großbritannien rekrutierten Angehörigen zusammensetzte. Diese stiegen, nachdem sie freies Land zugewiesen bekommen hatten, schon bald zu den mächtigsten Farmern der Kolonie auf, gefährdeten jedoch durch ihre wirtschaftliche Vormachtstellung gleichzeitig die Autorität des Gouverneurs. Darauf bedacht, ihr Eigentum und Vermögen beständig zu vermehren, spezialisierten sich Angehörige des Corps auf die Produktion und die Preiskontrolle des Rums, der in der Kolonie als Tauschware gehandelt wurde.
Kapitän John Hunter, der Nachfolger von Gouverneur Phillip, kam 1795 in Australien an und bemühte sich vergeblich darum, die Kontrolle über den Rumhandel zu erlangen. Die Bemühungen von Kapitän Philip G. King, der von 1800 bis 1806 als Gouverneur diente, blieben gleichermaßen erfolglos. Außerdem mussten Hunter und King sich um die Unterbringung von zusätzlichen Neuankömmlingen kümmern. 1804 konnte King eine Rebellion irischer Strafgefangener nur mit Hilfe des Corps niederschlagen.
1806 wurde Gouverneur King durch Kapitän William Bligh ersetzt, den ehemaligen Befehlshaber der Bounty. Bligh drohte den Mitgliedern des Corps den Verlust ihres Monopols an, was jedoch zu der so genannten Rum-Rebellion führte, die am 26. Januar 1808 stattfand und in deren Verlauf Offiziere des New South Wales Corps Bligh einfach absetzten. Bligh wurde nach London zurückberufen, wo er seine Vorgehensweise erfolgreich darlegen und verständlich machen konnte, wurde jedoch nicht wieder ins Gouverneursamt berufen. Die Rum-Rebellion stellte nur einen vorübergehenden Sieg der Mitglieder des Corps dar, das von der Regierung Großbritanniens zurückbeordert wurde. In der Zwischenzeit hatte John Macarthur, einer der Rebellionsführer, die Suche der Kolonisten nach einem für den Export geeigneten und gewinnträchtigen Produkt erfolgreich beendet, denn 1802 hatte er britischen Textilherstellern Proben australischer Wolle gezeigt. Die Schafweidewirtschaft entwickelte sich aber erst nach 1810 mit der gezielten Zucht von Merinoschafen und der Massenerzeugung der hochwertigen Wolle zu einer der wichtigsten wirtschaftlichen Tätigkeiten.

Die Regierung

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Macquarie Blighs unmittelbarer Nachfolger hieß Lachlan Macquarie, er war von 1809 bis 1821 als Gouverneur Australiens im Amt. Die Zurückberufung des New South Wales Corps in Kombination mit Verbesserungen der Wirtschaft verlieh der Regierung ein höheres Maß an Stabilität. Macquarie initiierte ein umfangreiches Programm von öffentlichen Baumaßnahmen, wobei er sich die Fachkenntnisse des Exsträflings und Architekten Francis Howard Greenway beim Entwurf und Bau von Kirchen, Krankenhäusern und Regierungsgebäuden in Sydney zunutze machte. Nach dem Sieg Großbritanniens über Napoleon 1814 wuchs die Bevölkerung der Kolonie. Infolge der Ankunft von größeren Zahlen freier Siedler ergaben sich mehr und mehr Ansprüche auf landwirtschaftlich nutzbares Land, auf dem die zunehmende Zahl von Sträflingen als Arbeiter tätig sein konnte.
Trotzdem war diese Zeit auch von wachsenden Spannungen innerhalb von New South Wales geprägt. Sträflinge, die ihr Strafmaß vollständig abgesessen hatten oder infolge guter Führung frühzeitig entlassen wurden, wollten ebenfalls Land und damit auch eine eigene Existenzgrundlage mit neuen Chancen. Sie wurden unter der Bezeichnung Emanzipisten bekannt, und ihre Anführer forderten mehr Rechte für frühere Häftlinge. Die freien Siedler und ehemaligen Angehörigen des Corps, die mittlerweile als Farmer tätig waren, vertraten jedoch weiterhin die Ansicht, dass Gesetzesbrecher auch nach der rechtmäßigen Vollendung ihrer Haftstrafe nicht als gleichwertig behandelt werden sollten. Anhänger dieser Gruppe wurden als Exklusivisten bezeichnet. Macquarie tendierte ebenso wie damals Bligh dazu, die Forderungen der Emanzipisten anzuerkennen. Er gestand ihnen Eigentumsrechte zu und verlieh einigen Exhäftlingen untergeordnete Amtspositionen. Infolgedessen wurden die Gegner dieser Handhabung sowohl dem Gouverneur als auch den Emanzipisten gegenüber misstrauisch.

Verfassungsreform

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Die Regierung von Macquarie war kostenaufwendig, und der größte Teil der daraus hervorgehenden finanziellen Last musste vom britischen Finanzministerium getragen werden. Die strafrechtliche Ahndung von Gesetzesverstößen durch die Entsendung der Verurteilten in die Überseekolonie schien die Zahl der Straffälligen nicht zu vermindern, und viele Menschen fragten sich, ob New South Wales wirklich die richtige Lösung für das britische Kriminalitätsproblem sei. Außerdem war man innerhalb der britischen Regierung auch wegen der proemanzipistischen Politik von Macquarie besorgt. 1819 entsandte die britische Kolonialbehörde den Richter John Thomas Bigge nach Australien, um die Verwaltung Macquaries näher zu untersuchen und dem britischen Mutterland Bericht zu erstatten. Bigge empfohl die Senkung der Ausgaben für die Kolonie, sprach sich aber für den Fortbestand von New South Wales als Strafkolonie aus. Darüber hinaus erkannte er auch die zunehmende Bedeutung Australiens für das britische Reich als neue Heimat für freie Siedler und machte die Bezeichnung Australien für den südlichen Kontinent populär. Die Untersuchung durch Bigge hatte die offizielle Unterstützung der Migration von wohlhabenderen Siedlern zur Folge, die großzügige Landschenkungen erhielten. Darüber hinaus führte sie auch zu einer bedeutenden Veränderung der Verfassung von New South Wales. Infolge eines parlamentarischen Erlasses aus dem Jahr 1823 wurde die nahezu uneingeschränkte Verfügungsgewalt des Gouverneurs durch die Einführung eines Legislativrates aus ernannten Mitgliedern beschränkt.
1825 wurde die einstige Inselsiedlung in Van Diemen's Land (Tasmanien) infolge einer Exekutivanordnung der britischen Regierung zur britischen Kolonie. In Tasmanien war 1803 aus Furcht, Frankreich könne Besitzansprüche auf die Insel erheben, eine Strafkolonie errichtet worden. Schon bald danach entstanden vergleichsweise große Niederlassungen von freien Siedlern. Obwohl man versucht hatte, in der gleichen Zeit auch südlich und nördlich von Sydney Siedlungen zu errichten, u. a. auch in Newcastle (1804 gegründet), dem Vorposten der Strafkolonie, war bis zu den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts nur in Van Diemen's Land eine große, dauerhafte Siedlung entstanden. Während der zwanziger Jahre ging die Besiedlung jedoch immer rascher vonstatten. 1825 wurde die Westgrenze des von den Briten beanspruchten Hoheitsgebiets in westlicher Richtung bis zum 129. Längenkreis abermals aus Angst vor einer möglichen französischen Intervention vorverlegt, und in der nördlichen Region um Bathurst wurde eine Siedlung errichtet. 1827 trieb Edmund Lockyer die dauerhafte Besiedlung von Albany in Western Australia voran, und Großbritannien beanspruchte den gesamten australischen Kontinent im Namen der Krone.

Die frühe australische Gesellschaft

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Die Sträflinge wurden zu einem zentralen Thema während der frühen Geschichte Australiens. Zum Zeitpunkt der Abschaffung der Überführung von verurteilten Gesetzesbrechern nach Ostaustralien 1852 waren bereits über 150 000 Menschen nach New South Wales und Tasmanien transportiert worden. Die Straftäter stammten vorwiegend aus dem sozial schwachen Milieu der Städte, und viele waren wiederholt wegen geringfügiger Vergehen verurteilt worden. Bei vielen straffällig gewordenen Frauen handelte es sich um Prostituierte. Die Mehrheit der Sträflinge war nur wenig gebildet, und lediglich etwa die Hälfte konnte lesen und schreiben. Ein geringer Prozentsatz der Straffälligen stammte aus den wohlhabenderen Bevölkerungsschichten und hatte Strafen für Vergehen wie beispielsweise Urkundenfälschung abzusitzen. Diese Sträflinge waren häufig in der Lage, ihre Ausbildung und Fähigkeiten im Bereich der Wirtschaft und in Regierungsbehörden unter Beweis zu stellen. Im Allgemeinen waren die Sträflinge, da sie keine Ausbildung besaßen und nicht an die harschen Anforderungen des Kolonial- und Gefängnislebens gewöhnt waren, für die Bildung eines neuen Gesellschaftsgefüges eine überaus schwierige Gruppe von Menschen.
Gregory Blaxland und William Charles Wentworth erschlossen 1813 etwa 80 bis 120 Kilometer westlich von Sydney die Route durch die Blue Mountains und leiteten damit die nach Westen drängende Besiedlung von New South Wales ein. Zusammen mit den nach Süden führenden Trecks von Andrew Hamilton Hume und William Hovell (1824) sowie von Major Thomas Mitchell (1836) beschleunigten die Erkundungsfahrten von Blaxland und Wentworth diesen Vorstoß, bei dem große Viehherden auf weiter im Inland gelegene Weideflächen getrieben wurden. Bis 1829 war ein bogenförmiger Streifen von etwa 300 Kilometern Breite um Sydney besiedelt worden und hatte den Namen Nineteen Counties erhalten. Die Kolonialregierung zeigte sich jedoch angesichts der raschen Verteilung der Viehzüchter besorgt, die als Squatters (Schafzüchter) bezeichnet wurden, da sie lieber Lizenzen zum "Besetzen" des gewünschten Landes erwarben, als es zu kaufen. Aus Angst, die Kontrolle über die Siedlungsfläche zu verlieren, riet die Regierung von der Besiedlung jenseits der Nineteen Counties ab. Diese Versuche schlugen jedoch fehl, u. a. aufgrund des steigenden Bedarfs an Wolle der britischen Textilspinnereien.
Wie auch England bekannten sich die australischen Kolonien offiziell zur anglikanischen Kirche. Die Behörden vernachlässigten jedoch die Bildung in religiösen Belangen, und der Großteil der Bevölkerung bekannte sich ohnehin nicht zum anglikanischen Glauben. Der römisch-katholische Glaube der irischen Sträflinge und der Methodismus wetteiferten mit der offiziellen Konfession, aber im Großen und Ganzen tendierten die Siedler von New South Wales zu einer gleichgültigen Haltung gegenüber Glaubensfragen.
Ebenso vernachlässigte die Kolonialregierung das Bildungswesen. Es gab nur wenige Schulen, die vorwiegend für Waisenkinder eingerichtet worden waren. Wohlhabende Kolonialsiedler stellten Privatlehrer für die Ausbildung ihrer Kinder ein. In der Kolonie entwickelte sich jedoch ein lebhaftes Pressewesen, das 1803 mit der erstmaligen Veröffentlichung der Sydney Gazette und des New South Wales Advertiser entstand. George Howe, der Herausgeber der Gazette, veröffentlichte auch die ersten Bücher in Sydney, darunter einen Gedichtband (1819) von Judge Barron Field. Zu einem früheren Zeitpunkt hatte David Collins, der mit Gouverneur Phillip befreundet war, unter dem Titel An Account of the English Colony in New South Wales (2 Bde., 1798-1802) das erste Geschichtswerk über Australien in London veröffentlicht. Wentworth, der in der Kolonie geboren worden war, hatte zwischenzeitlich die Überquerung der Blue Mountains in seinem Werk Description of New South Wales (1817 veröffentlicht) dokumentiert und unter dem Titel Australasia 1823 ein Versbuch veröffentlicht. Im darauf folgenden Jahr gründete er The Australian, eine Zeitung, die ganz klar Stellung zugunsten der Emanzipisten bezog.

Voranschreitende Kolonialisierung

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Zwischen den späten zwanziger und den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts erfuhr Australien starke Umwälzungen, die die Grundlage für die heutige Gesellschaft schufen. Dazu gehörte auch die Bildung von vier der insgesamt sechs Kolonien, die zwischen 1829 und 1859 entstanden, und die zu einem späteren Zeitpunkt zu den australischen Bundesstaaten wurden, ferner das weitere Vordringen von Schaf- und Rinderzüchtern ins Landesinnere und die Entdeckung von Gold und anderen wertvollen Mineralen.

Die Erforschung des Landes

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Die ersten europäischen Forscher, die das australische Binnenland erkundeten, spielten eine bedeutende Rolle für die frühe wirtschaftliche Entwicklung Australiens und hatten eine noch bedeutendere Funktion bei der Bildung des australischen Nationalbewusstseins, denn es waren viel mehr ihre Entdeckungen, die letztendlich die Vorstellungskraft der Australier fesselten, und nicht die der Segler, die die Küstenlinie des Kontinents kartographierten und ihre Entdeckungen der übrigen Welt mitteilten. Im Lauf der Entwicklung entstand ein umfassendes Erbe von Mythen und Legenden, das aufeinander folgende Generationen australischer Dichter, Maler und Autoren immer wieder angeregt hat.
Die Pionierarbeit, die Blaxland und Wentworth durch das Überschreiten der Blue Mountains geleistet hatten, wurde durch George William Evans fortgesetzt, der ihre Route nach Bathurst (1815 gegründet) nachzeichnete. In den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts fertigte John Oxley weitere Zeichnungen der inneraustralischen Ebenen und Flüsse, besonders des Lachlan und Macquarie, an. Er erforschte auch die Südküste des heutigen Bundesstaates Queensland, der 1827 erstmals von Alan Cunningham bei einer europäischen Forschungsreise ins Landesinnere genauer erkundet wurde. Der vermutlich bekannteste Teilnehmer dieser Gruppe von Forschern war Kapitän Charles Sturt, der zwischen 1829 und 1839 die Hauptzuflüsse des Murray-Darling-Beckens ausfindig machte, das heute das landwirtschaftliche Herzstück Australiens bildet. Sir Thomas Livingstone Mitchell bestätigte die Erkenntnisse von Sturt und erschloss 1836 die Route von New South Wales zum fruchtbaren Land im westlichen Teil von Victoria.
Das Hinterland der Küste von Western Australia wurde von Sir George Grey (1837-1840) und Edward John Eyre kartographisch erfasst. Weder Eyre, der 1840 auf dem Landweg von Adelaide erfolgreich nach Albany reiste, noch Sturt gelang es, von Adelaide bis zum Zentrum des Kontinents vorzudringen. Erst John McDouall Stuart konnte 1860 ganz ins Landesinnere vorstoßen und schließlich vom mittleren Bereich des australischen Kontinents 1862 in nördlicher Richtung auf dem Landweg Darwin erreichen. Der berühmteste aller eingewanderten Erforscher des zentralen und nordöstlichen Teiles von Australien war Ludwig Leichhardt, unter dessen Führung zwei erfolgreiche Expeditionen (1844 und 1846/47, ausgehend von Sydney) stattfanden, bevor er unter mysteriösen Umständen bei dem Versuch, die Darling Downs nach Perth zu überqueren, verschwand. Robert O'Hara Burke und William John Wills verloren bei dem Versuch, von ihrer fehlgeplanten Expedition (1860/61) von Melbourne an den Carpentariagolf zurückzukehren, ihr Leben. Aus der Zeit der Erkundung Western Australias in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts gingen auch mehrere heldenhafte australische Forscher hervor, zu denen John Forrest und Ernest Giles zählen.

Neue Siedlungen

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1827 erforschte der später geadelte Kapitän James Frazier Stirling den Fluss Swan an der Westküste. Er kehrte zwei Jahre später in Begleitung einer Gruppe britischer Investoren als Gouverneur der Kolonie Western Australia zurück. 1850 ersuchte die Kolonie um die Abstellung von Sträflingen, um die zur Verfügung stehende Arbeitskraft zu erhöhen, und erhielt zu diesem Zweck etwa 10 000 Sträflinge, die noch vor der Abschaffung dieser Entsendungsregelung 1868 in Western Australia eintrafen. Western Australia erlebte jedoch erst eine Verbesserung seiner Situation, als in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts in der Kolonie Goldvorkommen entdeckt wurden.
South Australia wurde mit seiner Hauptstadt Adelaide im Juli 1837 gegründet. Die Vorschläge zur Errichtung dieser Kolonie waren von dem englischen Sozialreformer Edward Gibbon Wakefield angeregt worden und wurden von der britischen, liberal gesinnten Schicht der Intellektuellen und religiösen Splittergruppen befürwortet. Wakefield hatte es sich zum Ziel gesetzt, neue Kolonien zu schaffen, die das britische sozialökonomische und kulturelle Wertgefüge widerspiegeln sollten. Durch den Verkauf von Land, der nunmehr die bis zu dieser Zeit gängige unentgeltliche Vergabe von Grund und Boden ablösen sollte, glaubte Wakefield, die Kolonialsiedler dazu bringen zu können, den Wert ihres Landes durch die bestmögliche landwirtschaftliche Nutzung zu optimieren. Die aus dem Verkauf hervorgehenden Einnahmen sollten zur Förderung der Einwanderung von Arbeitern eingesetzt werden, die durch das Arbeiten für Kolonialfarmer ihrerseits ihren Teil zur Entwicklung der Kolonie beitragen sollten, bevor sie selbst zu Landbesitzern würden. Durch die Regelung der Preise meinte Wakefield die Kolonialexpansion steuern zu können.

Zunahme der Schafzucht

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Die australischen Böden waren gemeinsam mit den niedrigen Niederschlägen und den immer wiederkehrenden Dürreperioden jedoch besser für die Weidewirtschaft in großem Rahmen als für die Bewirtschaftung des Landes geeignet. Die erfolgreichste und dramatischste Umwälzung in Australien erfolgte in den dreißiger und vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts, als Schafzüchter (so genannte "Squatters") riesige Schafherden über das Land trieben. Da sich die Kosten für eine Lizenz zur Landpacht jährlich auf nur zehn Pfund Sterling beliefen, konnten sie sich praktisch so viel Land leisten, wie sie wollten.
Die Zunahme und Ausweitung der Schafweidewirtschaft führte nach der Mitte der dreißiger Jahre zur Kolonialisierung des Distrikts Port Phillip im Süden von New South Wales. Die ersten Siedlungen von Melbourne entstanden 1835, und die Stadt erlebte unmittelbar nach ihrer Gründung einen rasanten Aufschwung. Während der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts forderten immer mehr Siedler die Loslösung von New South Wales, die schließlich auch 1851 gewährt wurde. So wurde aus dem Distrikt Port Phillip die Kolonie Victoria mit der Hauptstadt Melbourne. Im Distrikt Moreton Bay im Norden ging die Kolonialisierung langsamer vonstatten, jedoch zeichneten die Viehzüchter schrittweise die Umrisse von Queensland vor, die mit ihrer Hauptstadt Brisbane zur sechsten australischen Kolonie wurde. Queensland löste sich 1859 von New South Wales.
Zwischen 1830 und 1850 stieg der Gesamtwert der für den Export bestimmten Wolle von zwei Millionen Pfund Sterling auf 41 Millionen Pfund Sterling. Mit der steigenden Immigrantenzahl und dem Wachstum der Hauptstädte, von denen jede für ihre jeweilige Region als bedeutendster Hafen diente, begannen die australischen Kolonien, ein höheres Maß an Kontrolle über ihre Regierungssysteme zu fordern.
Entstehung politischer Institutionen
Die Übertragung einer größeren Autonomie auf die australischen Kolonien wurde durch die Einführung des freien Handels mit Großbritannien gefördert, die in den späten vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts erfolgte. Freier Handel bedeutete, dass Großbritannien beim preisgünstigsten Anbieter kaufen und an den profitträchtigsten Abnehmer verkaufen würde. De facto wurde damit die Existenzberechtigung der Kolonien zumindest im Prinzip zerstört. Daher erhielten 1850 die östlichen Kolonien ohne die Notwendigkeit, eine geschlossene Front bilden zu müssen, neue Verfassungen, die ihnen die verantwortungsbewusste politische Selbstbestimmung und Eigenverwaltung zugestanden. Victoria, South Australia und Van Diemen?s Land (das seinen Namen 1854 in Tasmanien änderte) erhielten Legislativräte, deren Mitglieder zu zwei Dritteln aus Wahlen hervorgehen mussten. In New South Wales war diese Regelung bereits 1842 eingeführt worden.
Mitte der fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts strukturierte jede der ostaustralischen Kolonien ihr Regierungssystem neu und übernahm ab sofort auch die Regelung sämtlicher Vorgänge, die mit Grund und Boden zu tun hatten. Das System der unentgeltlichen Landschenkungen war in Australien bereits 1831 beendet und durch den regulären Verkauf von Boden ersetzt worden. Die aus der Umstrukturierung der Regierungen hervorgegangenen Systeme verliehen einem Kabinett oder Ministerrat Amtsgewalt. Sie mussten sich gegenüber dem Unterhaus des Zweikammerparlaments verantworten. Die Mitglieder des Unterhauses wurden durch Wahlen ermittelt. Die neuen Verfassungen spiegelten das Interesse der rasch wachsenden städtischen Bevölkerung wider, die die politische Macht der Viehzüchter einschränken wollte. Letzteren gelang es jedoch in den fünfziger und sechziger Jahren, ihren Landbesitz weiter abzusichern.
Der Goldrausch und seine Auswirkungen
Der Goldrausch, der in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts einsetzte, beschleunigte die Entwicklung der jungen sozialen und politischen Strukturen. Im April 1851 entdeckte Edward Hargraves am Summer Hill Creek im mittleren Osten von New South Wales Gold. Mit der Erinnerung an den Goldrausch in Kalifornien im Hinterkopf strömten zahllose Menschen sehr schnell vor allem nach Mount Alexander, Ballarat und Bendigo in Victoria. Später stieß man auch an anderen Orten in New South Wales und Queensland auf Gold.
In den folgenden zehn Jahren exportierte Australien allein Gold im Wert von über 124 Millionen Pfund Sterling. Bis 1861 war die Zahl der Siedler in Australien von ursprünglich 400 000 im Jahr 1850 um das Dreifache auf nahezu 1,2 Millionen Menschen angestiegen. Briten, Amerikaner und Kanadier schlossen sich den Immigranten der östlichen Kolonien an. In Victoria waren die Goldschürfer schon sehr bald mit hohen Kosten für Schürflizenzen und Einschränkungen ihrer Rechte bei der Goldsuche konfrontiert.
Sowohl die Goldschürfer als auch die Kolonialsiedler reagierten besorgt auf den starken Zustrom von chinesischen Einwanderern, die ebenfalls durch die Goldfunde angelockt wurden. 1856 erließ Victoria eine Einwanderungsbeschränkung für Chinesen. Schließlich entstand aus dem Einwanderungsverbot, das für alle nichteuropäischen Siedler galt, die so genannte "White Australia Policy", eine scharf kontrollierte Einwanderungspolitik, die immer dann durchgreifend eingesetzt wurde, wenn die Arbeitsplätze oder die Kultur der weißen australischen Bevölkerung bedroht schienen.

Wirtschaftliche Kontroversen

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In den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts begannen die Erträge der Goldvorkommen zu sinken. Obwohl die Kolonien weiterhin durch den Export der hochwertigen Wolle wohlhabend blieben, konzentrierten sich die Debatten in den Kolonien sehr bald auf die Frage nach der Rolle der Regierung in der Wirtschaft. Insbesondere wurde der Bau der Eisenbahn infolge der hohen anfallenden Kosten und der Abwesenheit inländischer Marktzentren der Verantwortlichkeit der Regierung übergeben. Zwischen 1875 und 1891 verlängerte sich das Streckennetz der Eisenbahn von 2 575 Kilometern auf über 16 100 Kilometer. Im Jahr 1866 belegte der Staat Victoria, gefolgt von South Australia und Tasmanien, Importwaren mit hohen Einfuhrzöllen, um die eigene kleine Industrie und den einheimischen Markt zu schützen. New South Wales und zu einem geringeren Maß auch Queensland behielten weiterhin ihre uneingeschränkte Freihandelspolitik bei.
In den siebziger und achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts kam es über der Frage, ob man den freien Handel oder Handelsbeschränkungen zum Schutz der eigenen Wirtschaft befürworten solle, im Pressewesen, bei den Parteien und auch den Kolonien zu einer Spaltung. Diese Konfliktsituation untergrub zusammen mit einem fortwährenden, auf Eifersucht basierenden Streit zwischen den Kolonien bis zu den neunziger Jahren alle bedeutenden Ansätze zur Zusammenarbeit und möglichen Unionsbildung der sechs Kolonien.

Behandlung der Aborigines

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Die Errichtung der Siedlung von Phillip im Jahr 1788 kennzeichnete den Beginn eines regelmäßigen Kontakts zwischen Europäern und Aborigines. Zwar nutzten viele Aborigines das Land in der Umgebung von Sydney als Lagerstätten und Jagdrevier, aber tatsächlich kam es in der ersten Dekade der Besiedlung durch Weiße nur zu einigen wenigen bedeutenden Konfrontationen zwischen den Kolonialsiedlern und der einheimischen Bevölkerung. Mit der Besiedlung von Van Diemen's Land begann jedoch die großflächige Zerstörung von Gemeinschaften der australischen Ureinwohner. Die ursprünglich 5 000 australischen Ureinwohner der Insel wurden trotz der offiziellen britischen Schutzpolitik und infolge ihrer Machtlosigkeit gegenüber den Waffen der Siedler sehr schnell auf eine sehr geringe Zahl reduziert. Auf dem australischen Festland drängten die Viehzüchter auf der Suche nach geeignetem Weideland für ihre Schafherden die einzelnen Gruppen von Aborigines immer weiter ins trockenere Hinterland ab.
Im Prinzip forderte die offizielle Kolonialpolitik im 19. Jahrhundert, dass Aborigines als Gleichgestellte zu behandeln seien. Dies geschah jedoch nur mit dem Hintergedanken, sie später zum Christentum zu bekehren und in die europäische Zivilisation einzugliedern. Gouverneur Macquarie ließ eine Schule für die Kinder australischer Ureinwohner errichten, aber solche Schritte, die in der Realität kaum Unterstützung erhielten und niemals ausreichend finanziell gefördert wurden, waren die Ausnahme. In der Realität war das Umschwenken von einer Politik der Inschutznahme zu einer Politik der Bestrafung für die frühe Kolonialregierung charakteristisch. Die gegensätzlichen Kulturen kollidierten besonders unerbittlich an der Siedlungsgrenze, die die Viehzüchter auf der Suche nach neuem Weideland in den dreißiger und vierziger Jahren des Jahrhunderts immer weiter landeinwärts vorantrieben. Einige Aborigines arbeiteten in Schafzuchtbetrieben, andere wurden als Polizeiwachen eingesetzt, aber die Gesamteinstellung der Bevölkerung gegenüber dieser ethnischen Gruppe wird durch die Tatsache verdeutlicht, dass sie häufig von Siedlern brutal gejagt und vergiftet wurden. Frauen wurden entführt und vergewaltigt, während Kinder von ihren Eltern getrennt wurden. Zwar gab es Ausnahmen, aber die australischen Kolonialsiedler nahmen im 19. Jahrhundert im Allgemeinen an, dass die Kultur der Aborigines aussterben würde. Die bewusste Zerstörung und Verleugnung der Kultur der australischen Ureinwohner auf regionaler und Kolonialebene wurde häufig von einer Politik der Rassentrennung begleitet, wodurch die uraustralische Bevölkerung in Reservaten zusammengepfercht und vom normalen Leben in der Kolonie ausgeschlossen wurde.
Da dieser Bevölkerungsgruppe immer weniger Nahrungsmittel zur Verfügung standen, sank ihre Zahl stetig. Im 20. Jahrhundert gab es nur noch im Northern Territory, in Queensland und in New South Wales Gruppen von Aborigines. Erst in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts näherte sich die uraustralische Bevölkerung ganz langsam ihrer ursprünglichen Größe zur Zeit vor der Besiedlung Australiens durch Weiße an, und die Regierung begann, die frühere Behandlung dieser Minderheit aufzuarbeiten und zu berichtigen.

Gesellschaft und Kultur im 19. Jahrhundert

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Der rapide Anstieg der australischen Bevölkerung zwischen 1830 und 1860 trug stark zum Wachstum der sechs Hauptstädte der Kolonien bei. Mit dem Rückgang der Goldfördermengen in Victoria und New South Wales, der in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts einsetzte, wanderten sogar die Goldsucher in die Städte ab. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gehörten Sydney und Melbourne zu den größten Städten der Welt, obwohl Australiens Gesamtbevölkerung zu diesem Zeitpunkt immer noch vergleichsweise klein war.
Jede Kolonialhauptstadt diente ihrer jeweiligen Kolonie als Haupthafen. Im Rahmen einer allgemeinen Rivalität neigte jede Stadt und Kolonie dazu, ihre eigene besondere Identität im Kontrast zum Rest Australiens zu betonen. Die Kontakte zwischen den einzelnen Kolonien nahmen nach ihrer Bindung mit Großbritannien lediglich eine zweitrangige Bedeutung ein. Die Kolonien rivalisierten gegeneinander, so dass beispielsweise Victoria und New South Wales für ihre Eisenbahnverbindungen jeweils unterschiedliche Spurweiten benutzten. Erst ab etwa 1960 erfolgte eine Standardisierung der Spurweiten.
Alle Kolonien besaßen jedoch eine gemeinsame Kultur, die stark von den jeweiligen Hauptstädten beeinflusst war. In den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts forderten die Händler und Geschäftsleute politische Reformen und die Ausarbeitung neuer Verfassungen. Kleine verarbeitende Betriebe in den Städten und die große Anzahl von Gewerkschaftsmitgliedern unterstützten in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts die Bildung von Kabinettsregierungen und die Ratifizierung von Gesetzeserlassen, die für die städtische Bevölkerung vorteilhaft waren. Die Arbeiter in Victoria setzten erstmals 1856 den Achtstundentag durch. Nach dem Vorbild von New South Wales bemühten sich die politischen Systeme der Kolonien darum, die Viehgroßzüchter, Großgrundbesitzer und andere ebenso wohlhabende wie einflussreiche Familien daran zu hindern, zu starken Einfluss auf das Leben in den Kolonien auszuüben. Trotzdem schufen die Einkünfte durch die Erzeugung von Wolle und die immer neuen Entdeckungen mineralischer Vorkommen die wirtschaftliche Basis, auf der dieser Lebensstil beruhte.
Sydney und Melbourne, die während der Mitte des 19. Jahrhunderts ein beträchtliches Maß wirtschaftlichen Wohlstands aufwiesen, waren im Bereich kultureller Aktivitäten richtungweisend. Jede der beiden Städte gründete eine Universität und veranlasste den Bau von Museen und Kunstgalerien. Wohlhabende Familien ließen große Villen errichten.
Trotz der großen Loyalität gegenüber Großbritannien begannen die Kolonialsiedler schon bald, das Bild der einsamen Schafscherer, Farmhelfer und Bergarbeiter an der australischen Siedlungsgrenze zu idealisieren. Daraus entstand die Vorstellung der Einzelperson, die nicht nur gegen die Autorität kämpft, sondern auch gegen die widrigen Bedingungen ihrer Umwelt. Bereits in den achtziger und neunziger Jahren stellten Volkserzählungen und Balladen einen wichtigen Bestandteil der australischen Volkskultur dar. Die eigentümliche, melodische Aussprache der Australier hatte sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt herauskristallisiert und die Sprache der Siedler in eine eigene Variante der englischen Sprache verwandelt.
Zwar blieben auch weiterhin britische Autoren sehr viel beliebter als australische, aber die Errungenschaften der Kolonien im Bereich der Kunst hielten mit der zunehmenden wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der sechs Kolonien Schritt. Das Werk The Recollections of Geoffry Hamlyn (1859) von Henry Kingsley galt zu seiner Zeit als der erste australische Roman. Catherine Helen Spence, die Verfasserin von Clara Morison (1854), schuf ebenso wie Marcus Clarke, Autor von For the Term of His Natural Life (1874), einen eigenständigen, von der britischen Tradition losgelösten Roman, der Themen der Kolonien aufgriff (siehe australische Literatur).
Australien übte besonders auf die Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts eine große Anziehungskraft aus. Botaniker wie Ferdinand von Mueller, der gegen Ende des Jahrhunderts in den Botanischen Gärten in Melbourne tätig war, fanden ebenso wie zahllose Zoologen, Anthropologen und Geologen eine Fülle von Forschungsmaterial.

Politische Entwicklung zur Föderation

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Der föderative Zusammenschluss der australischen Kolonien erfolgte erst relativ spät und ging ohne die nationalistischen Ausbrüche vonstatten, die vergleichbare Entwicklungen in anderen Ländern begleitet hatten. Der Gedanke eines gemeinsamen Zusammenschlusses war bereits 1847 in Vorschlägen von Earl Grey aufgetaucht, der damals das Amt des britischen Ministers für Kolonialangelegenheiten innehatte. In den fünfziger Jahren rief John Dunmore Lang, ein Geistlicher der schottischen presbyterianischen Kirche, die Australische Liga (Australian League) ins Leben, die politische Feldzüge für die Vereinigung Australiens durchführen sollte. Bei Konferenzen erörterten die Regierungsvertreter der Kolonien in den sechziger Jahren ebenfalls eine engere Zusammenarbeit und den Zusammenschluss. Mit der Bildung des kanadischen Dominions 1867 erwarteten die britischen Amtsträger ähnliche Anstrengungen seitens der Australier. Jedoch erregte infolge der ausgeprägten Rivalität unter den einzelnen Kolonien kein Vorschlag dauerhaft Aufmerksamkeit.
Die Furcht der Australier vor einer Invasion durch Europäer und Asiaten aus nördlicher Richtung gab den Ausschlag für den ersten Schritt in Richtung Zusammenschluss, der in den achtziger Jahren unternommen wurde. 1883 erhob Queensland, das deutschen Ansprüchen vorgreifen wollte, den Besitzanspruch auf Papua in Neuguinea, konnte jedoch seine Forderungen nicht nachhaltig durchsetzen. Queensland musste das Gebiet der britischen Hoheit überlassen und beanspruchte demzufolge andere Inseln. Die australischen Kolonien, die um die Verbesserung ihres Verteidigungssystems bemüht und darum besorgt waren, ob sie wohl in der Lage seien, die britische Politik in ihrem Interesse zu lenken, gründeten 1885 u. a. auch angesichts der Entstehung von neuen Mächten in Europa den australischen Bundesrat. Da sich aber New South Wales der Beteiligung verweigerte, blieb der Rat lediglich ein Diskussionsforum ohne wirkliche Exekutivgewalt.
Andere Entwicklungen in den achtziger Jahren vertieften jedoch die Vorstellung einer Vereinigung innerhalb weiter Teile der Bevölkerung. Die Debatten über die Thematik der kontrollierten Einwanderungspolitik bewiesen, dass einheitliche Einwanderungsregelungen erforderlich waren. Die Zunahme der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer, die besonders bei den Schafscherern und Bergarbeitern drastische Ausmaße erreichte, förderte die Entwicklung von zentral geleiteten Gewerkschaften, deren Macht und Einfluss über die jeweiligen Grenzen der Kolonien hinausreichte. Infolge von ungewissen wirtschaftlichen Verhältnissen und einer regelrechten Wirtschaftsdepression, die 1892 einsetzte, verfestigte sich der Gedanke an einen nationalen Zusammenschluss. Diese Lage trug auch zur Bildung der Labor Party in den Kolonien bei, die die Interessen der Arbeiter vertrat. Die Anhänger dieser Partei, die schon bald gute Wahlergebnisse erzielen konnte, erkannten sehr schnell, dass die einheitliche Regelung arbeitsrechtlicher Gesetze nur durch einen Zusammenschluss möglich sei.
New South Wales hatte bereits 1889 mit der Ablösung des Bundesrates begonnen, als der Premier der Kolonie, Sir Henry Parkes, ankündigte, dass die Kolonie eine neue Art von Föderalismus unterstützen werde. Auf einer Konferenz, die 1891 in Sydney stattfand, wurde die Grundlage für eine verfassunggebende Zusammenkunft gelegt, die jedoch nicht vor den Jahren 1897 bis 1898 erfolgte. Es folgten weitere Diskussionen, die schließlich durch positive Volksentscheide in allen sechs Kolonien beendet wurden, bei denen sich die Bevölkerung für das Vorhaben aussprach. Der Australische Bund wurde 1900 vom britischen Parlament bestätigt und trat am 1. Januar 1901 offiziell in Kraft.
Die Verfassung des Bundes spiegelte sowohl britische Traditionen als auch amerikanische Elemente wider. Es wurde zwar eine parlamentarische Regierung gegründet, die sich vor einem Zweikammerparlament zu verantworten hatte, aber die Bundesregierung erhielt nur speziell erlassene Machtbefugnisse. Das neue Repräsentantenhaus war wie das britische Unterhaus auf der Grundlage der Volksvertretung entstanden, während der neue Senat wie sein amerikanisches Ebenbild die Vertretung der Bundesstaaten sicherstellte. Da zur Stärkung des Föderalismus weder Sydney noch Melbourne als Hauptstadt des Australischen Bundes denkbar waren, wurde 1911 das Australian Capital Territory geschaffen, in dem die neue Hauptstadt, Canberra, nach dem amerikanischen Vorbild von Washington D.C. entstehen sollte.

Der Australische Bund

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Eine zentrale Rolle in der Geschichte Australiens im 20. Jahrhundert spielte die Entwicklung einer nationalen Regierung und einer Nationalkultur. Die Regierungen des Australischen Bundes (Commonwealth of Australia), die von Föderationsspezialisten wie Alfred Deakin geleitet wurden, führten schon bald Schutzzölle für Importwaren ein, um die Entwicklung der einheimischen Wirtschaft und Industrien voranzutreiben. Sie erarbeiteten Vorschläge zur geregelten Einführung von Mindestlöhnen in der Industrie und erhielten die strikten Auflagen der kontrollierten Einwanderungspolitik aufrecht. Trotzdem behielten die Australier ihre jeweilige mit der Kolonie verflochtene Identität bei, und die auf nationaler Ebene tätigen Parteien definierten sich durch lockere politische Konzepte.

Identitätsbildung durch Krieg

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Der 1. Weltkrieg löste viel mehr als die Föderation selbst den Wandel von einem Zusammenschluss von sechs ehemaligen Kolonien unter der Bezeichnung Australien zu einem vereinigten Land mit einer eigenen, neuen Identität aus. Als Reaktion auf die Rekrutierungsgesuche der Alliierten entsendete Australien über 330 000 Freiwillige, die teilweise an den blutigsten Schlachten teilnahmen. Über 60 000 australische Soldaten starben, 165 000 wurden verwundet. Damit lag die Zahl der Opfer über der anderer am Krieg beteiligter Länder, und Australien wurde sich zunehmend seiner Beteiligung an den Kriegsanstrengungen bewusst. Bei Gallipoli führten die ANZAC-Truppen (Australian and New Zealand Army Corps) vergeblich einen Angriff durch, um die türkischen Streitkräfte in die Dardanellen zurückzudrängen. Das Datum der schicksalsträchtigen Landung am 25. April 1915 wurde als Parallele zur politischen Reife Australiens verstanden und wird bis heute als ANZAC-Tag als einer der bedeutendsten öffentlichen Ehrungstage des Landes gefeiert.
1915 wurde William Morris Hughes, der im Volksmund eigentlich nur als Billy bezeichnet wurde, zum Premierminister und Vorsitzenden der Labor Party gewählt. Als Vertreter Australiens bei Beratungen in London personifizierte Hughes die energiegeladene Mentalität der Australier. Als es ihm nicht gelang, die Wählerschaft in zwei Aufrufen zur Ergänzung der Einberufenen durch Freiwillige zu bewegen, erklärte ihm die Parlamentspartei das Misstrauen. Hughes blieb jedoch weiterhin im Amt. Er nahm 1919 an der Pariser Friedenskonferenz teil und erwarb Deutsch-Neuguinea als Mandatsterritorium, wodurch Australien das Recht zum Beitritt zum Völkerbund erhielt. Die Machtbefugnisse, die der Regierung des Bundes durch die Verfassung zugestanden wurden, reichten aus, um eine starke Zentralregierung zu errichten.

Die Zeit zwischen den Kriegen

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Eine interne Gegenreaktion innerhalb der Nationalist Party, die von Hughes gegründet worden war, zwang ihn 1923 zum Rücktritt. Stanley Melbourne Bruce, der politische Führer des konservativen Flügels und Anführer der Revolte, wurde zum neuen australischen Premierminister gewählt. Die Country Party, die 1919 als patriotisch-konservative Bewegung zum Schutz der Interessen von Farmern und Viehzüchtern ins Leben gerufen worden war, schloss sich einer Koalition der Nationalisten an, behielt jedoch weiterhin ihr eigenes Profil bei. Der Hauptgegner dieses politischen Bündnisses war die Labor Party, die ihre Sozialpolitik neu definieren musste. Um das Produktions- und Expansionsniveau zur Zeit des 1. Weltkrieges aufrechtzuerhalten, bemühte sich die Regierung um die Bildung und Förderung wichtiger Grundindustrien, aber die Wirtschaftsdepression der dreißiger Jahre bewirkte tief greifende Einschnitte in das australische Wirtschaftsgleichgewicht und führte in einer Zeit, die durch hohe Arbeitslosenquoten geprägt war, zu einer immer stärkeren Staats- und Privatverschuldung.
Die Genesung des Landes von der Wirtschaftskrise, die in den Jahren 1929 bis 1931 von James H. Scullin und der Labor Party eingeleitet und vorangetrieben wurde, ging sehr unausgewogen vonstatten. Die Uneinigkeit über die Regierungspolitik führte zu erneuten Absplitterungen innerhalb der Partei. Die Regierung löste sich 1931 auf, und bis zum Ende der dreißiger Jahre übernahm die United Australia Party, die sich aus ehemaligen Parteimitgliedern der National Party und der Labor Party konstituierte, unter dem Vorsitz von Joseph A. Lyons die Regierungsmacht.
Seit der erstmaligen Übernahme der Eigenverantwortung für die Außenpolitik hatte sich Australien von seinen kulturellen und politischen Bindungen zu Großbritannien leiten lassen. Dementsprechend richteten sich die Maßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen Krise nach dem britischen Vorbild. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehörte der Versuch, den Handel zwischen dem britischen Mutterland und den britischen Herrschaftsgebieten und Dominions neu anzukurbeln. Bereits in den zwanziger Jahren gehörten jedoch auch schon Japan und die Vereinigten Staaten von Amerika zu den Hauptimporteuren australischer Wolle. Entgegen seinen Eigeninteressen bemühte sich Australien zum Teil auf Kosten seiner Handelsbeziehungen zu Japan um die Wiederherstellung der britischen Handelsbeziehungen. Im Völkerbund und innerhalb des britischen Commonwealth neigte die australische Regierung auch zur Unterstützung der Beschwichtigungspolitik und anderer politischer Leitlinien, die einen Versuch, Krieg mit den faschistischen Mächten zu verhindern, darstellten.

Der 2. Weltkrieg

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Als 1939 in Europa erneut Krieg ausbrach, entsandte Australien seine Streitkräfte zur Unterstützung der britischen Verteidigungsmacht. Nach dem Ausbruch des Pazifikkrieges zwischen Japan und den USA 1941 und nachdem Großbritannien nicht in der Lage war, die Verteidigung Australiens ausreichend zu unterstützen, ging Australiens neue Labor-Regierung unter der Führung von John Joseph Curtin ein militärisches Bündnis mit den Vereinigten Staaten von Amerika ein. Bis zur Befreiung der Philippinen diente Australien dem US-amerikanischen General Douglas MacArthur und seiner Mannschaft als militärische Einsatzbasis. Die Zahl der Kriegsopfer erreichte zwar nicht das Ausmaß des 1. Weltkrieges, aber die Australier waren infolge der Furcht vor einer drohenden japanischen Invasion psychologisch viel stärker von den Kriegshandlungen betroffen. Die australische Industrie wurde erneut durch die Anforderungen des Kriegszustands umgestellt. Die Wirtschaft schwenkte schwerpunktmäßig wieder in die Richtung der verarbeitenden Industrie um, und die Hauptstädte der australischen Bundesstaaten waren von einem Gürtel der Schwerindustrie umgeben. Die Nachkriegsentwicklung baute auf den Grundlagen auf, die der Krieg geschaffen hatte.
Curtin starb 1945. Die neue Labor-Regierung unter Joseph Benedict Chifley bestärkte die australisch-amerikanische Beziehung durch den Militärpakt ANZUS für gegenseitige Unterstützung, an dem Neuseeland als dritter Partner beteiligt war. Als Gründungsmitglied der Vereinten Nationen stimmte Australien der Entkolonialisierung der Inseln im Pazifik und der politischen Wegbereitung zur Entlassung Papua-Neuguineas in die Unabhängigkeit zu, die 1975 erfolgte.
Die Menzies-Ära
1949 wurde Robert Menzies australischer Premierminister und leitete eine lange Phase der politischen Stabilität und Ausgewogenheit ein. Während des Krieges hatte sich die alte United Australian Party aufgelöst. An der Stelle des dadurch entstandenen politischen Leerraums entstand die Liberal Party, die starken Zustrom aus den Reihen derer erhielt, die die Innenpolitik der Laborpartei nicht unterstützten. Menzies, der das Amt des Premierministers bis 1966 ausübte, verlieh Australien erstmals eine zentrale und individuelle politische Führung. Er betonte die emotionale Bindung zur britischen Krone, zeigte jedoch ein weitaus aktiveres Interesse an den Vorgängen im Pazifik und in Südasien, als es je einer seiner Vorgänger getan hatte. Im Rahmen des Colombo-Planes konnten Asiaten an australischen Einrichtungen studieren. 1966 war die White Australia Policy bereits ihrem Untergang geweiht, wurde aber erst 1973 offiziell abgeschafft.
Trotz der emotionalen Verbundenheit von Menzies mit Großbritannien wurde das Bündnis Australiens mit den Vereinigten Staaten von Amerika immer enger. Australien richtete sich in seiner Außenpolitik nach dem amerikanischen Vorbild und nahm am Koreakrieg teil, trat dem Verteidigungsbündnis des Südostasienpaktes SEATO (South East Treaty Organization) 1954 bis zu seiner Auflösung 1977 bei und kämpfte im Vietnamkrieg als Alliierter der Vereinigten Staaten. Zur gleichen Zeit wurde die Innen- und Außenpolitik Australiens an die Veränderungen angepasst, die die Zunahme der wirtschaftlichen Bindungen zu Japan mit sich brachten.

Zeit der Ungewissheit

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Ab 1966 bis 1972 stellte die Liberal Party mit Unterstützung der Country Party mehrere Premierminister, die sich um einen politischen Anschluss an die Menzies-Ära bemühten. 1972 kam jedoch wieder die Labor Party unter dem Vorsitz von Gough Whitlam an die Macht, nachdem sie nach Jahren der Zerrissenheit ihre Einheit wieder hergestellt hatte. Die Pläne von Whitlam für die Verbesserung der Sozialleistungen kollidierten jedoch mit dem traditionellen Recht der Bundesstaaten auf Selbstbestimmung und dem Rückgang des wirtschaftlichen Wohlstands. Die Koalition der Liberalen und der Country Party kehrte nach der umstrittenen Auflösung der Regierung Whitlams durch Generalgouverneur Sir John Kerr unter Malcolm Fraser 1975 an die Macht zurück. Fraser schwenkte sowohl im Bereich der Innen- und Außenpolitik auf die politische Linie der früheren Regierungen der Liberal Party zurück und schuf durch die Einführung des Aboriginal Land Rights Act 1976 im Northern Territory, der den Anspruch der Aborigines auf Grund und Boden regelte, die Grundlage für den späteren Anspruch der australischen Urbevölkerung auf Landrechte.
Frasers Koalition überstand die Wahlen von 1980 nur mit einer geringen Mehrheit. Er erlitt in den Wahlen im März 1983 eine empfindliche Niederlage, nachdem die Partei bereits durch abtrünnige Mitglieder und Außenhandelsskandale geschwächt worden war. Sein Nachfolger, Robert Hawke, gehörte der Labor Party an und bemühte sich um die Ankurbelung der Wirtschaft sowie die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Arbeiterschaft und Management. Seine Außenpolitik war strikt proamerikanisch. Die Laborpartei konnte ihre Mehrheit in den Wahlen im Dezember 1984, Juli 1987 und März 1990 erneut bestätigen. Im Dezember 1991, als in Australien eine Wirtschaftsrezession einsetzte und die Popularität von Hawke langsam schwand, wählte die Laborpartei Paul John Keating, den ehemaligen Finanzminister der Regierung Hawke, zum Parteivorsitzenden und Premierminister. Keating, der die Umbildung Australiens zur Bundesrepublik befürwortete und die Notwendigkeit der Reorientierung in Richtung Asien betonte, führte die Labor Party in den Wahlen vom März 1993 zum Sieg.

Zeitgenössische australische Kultur

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Das kulturelle Leben Australiens im 20. Jahrhundert lässt sich in zwei deutlich voneinander getrennte Epochen trennen. Von 1901 bis zum 2. Weltkrieg spiegelten sich in der australischen Bevölkerung immer noch die fundamentalen Grundlagen des britischen Erbes wider. Das kulturelle Leben wurde von der Bevölkerung der Städte innerhalb der ursprünglichen Kolonialstrukturen bestimmt. Der Sitz der Regierung in Melbourne mag bis zur Entstehung der Hauptstadt Canberra zur Bewahrung der älteren Überzeugungen auf der Grundlage der britischen Traditionen beigetragen haben, und nur wenige Autoren und Kommentatoren sprachen landesweit relevante Themen oder Probleme an.
Der 1. Weltkrieg bewirkte die Entstehung einer neuen australischen Identität und eines Nationalbewusstseins.
Die Australier entwickelten in den zwanziger und dreißiger Jahren in der Innenpolitik einen selbstbewussten Nationalismus, behielten jedoch weiterhin als Mitglieder des Völkerbundes und des britischen Commonwealth ihre untergeordnete Rolle und ihren Provinzialismus bei. Der 2. Weltkrieg wirkte dementsprechend wie ein Schock auf Australien. Die Australier, die ihre unmittelbare Abhängigkeit von der militärischen Unterstützung seitens der Amerikaner und die Notwendigkeit, ihre eigene Position im Weltgeschehen zu definieren und zu verstehen, erkannten, erlebten praktisch eine Art Kulturrevolution.
Die ersten Umwälzungen erfuhr die Struktur und Zusammensetzung der australischen Bevölkerung. Ab 1946 kamen Tausende von Immigranten aus Ost- und Südeuropa in die australischen Vorstädte. Diese Veränderung führte dazu, dass die australische Bevölkerung nicht nur faktisch durch ihre Zusammensetzung internationaler wurde, sondern auch in ihren Ansichten. Der Wohlstand in den fünfziger Jahren ermutigte zu neuen Vorstößen im Bereich des Bildungswesens. Fast über Nacht verdreifachte sich die Anzahl der Universitäten in jedem Staat. Die Regierungen ermöglichten jedem, der die notwendigen Qualifikationen besaß, eine kostenfreie Ausbildung auf Universitätsniveau.
In den sechziger Jahren erkannte man die Rechte der australischen Urbevölkerung stärker an. Die Aborigines erhielten schließlich 1967 das volle Wahlrecht und wurden als vollwertige und rechtmäßige Bürger Australiens anerkannt. Darüber hinaus wurden sie erstmals 1967 bei Bevölkerungsstatistiken berücksichtigt. Trotzdem waren sehr viel tief greifendere Maßnahmen vonnöten, um die soziale, gesundheitliche, bildungsmäßige und wirtschaftliche Benachteiligung der Aborigines zu beenden; Maßnahmen, die auch heute noch erforderlich sind.
Zur gleichen Zeit begannen die Australier, sich immer deutlicher von den Ansichten der amtierenden Politiker zu distanzieren. Daran war zum Teil die Reaktion der Bevölkerung auf den Vietnamkrieg Schuld, die als Aufschrei der Öffentlichkeit angesichts der Einführung der Wehrpflicht 1964 verstanden werden muss. Die Wehrpflicht wurde acht Jahre später abgeschafft. Die australische Bevölkerung schien aber auch durch einen Generationenkonflikt zerrissen. Die Qualitäten und Eigenschaften der australischen Lebensart wurden in Zeitschriften und Zeitungen, in den Universitäten und den Rathäusern untersucht und diskutiert. Diese Suche nach der eigenen Identität war zwar bis zur Mitte der siebziger Jahre abgeschlossen, trug jedoch ganz klar zur Auflösung älterer Überzeugungen und Ansichten bei. Zu den bedeutenderen kulturellen Schwierigkeiten, mit denen Australien in den achtziger und neunziger Jahren zu kämpfen hatte, gehörte die Problematik der Landrechte der australischen Urbevölkerung. Wie auch andere Kolonial- und Siedlungsnationen musste sich Australien diesen Forderungen der Ureinwohner stellen, die man jahrhundertelang einfach ignoriert hatte.
Australien beging 1988 seine Zweihundertjahrfeier. 1993 wurde Sydney zum Austragungsort der Olympischen Spiele 2000 gewählt. Am 2. März 1996 fanden Parlamentswahlen statt. Das liberal-konservative Oppositionsbündnis verdrängte die Laborpartei nach 13 Jahren von der Macht. Wahlsieger und neuer Premierminister wurde der Liberale John Howard (Wiederwahl 1998). Eine verfassunggebende Versammlung beschloss im Februar 1998, dass die australische Bevölkerung 1999 in einer Volksabstimmung darüber entscheiden wird, ob das Land ab 2001 Republik werden soll.

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